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Gängige Projektmanagement-Methoden I

Wenn Welten aufeinanderprallen

Wir haben bereits darüber gesprochen: Vor etwa 70 Jahren fiel der Startschuss für den Einzug erster Projektmanagement-Methoden in die Unternehmen dieser Welt. So wurde es ihnen möglich, immer mehr und immer größere Herausforderung schnell, zuverlässig und kosteneffizient zu meistern.

Wenn wir allerdings ehrlich sind, ruhen das globale wirtschaftliche Wachstum und der erfolgreiche Abschluss unzähliger gewaltiger Projekte in den letzten Jahrzehnten nicht alleine auf den Schultern kluger Projektmanager. Ihre Arbeit wurde maßgeblich durch eine Erfindung vereinfacht deren Weiterentwicklung erstaunliche Parallelen zu den Fortschritten im modernen Projektmanagement aufweist.

Die Rede ist natürlich von Computern. Erst die immer weitere Verbreitung von elektronischen Rechenmaschinen ermöglichte nach und nach jene übersichtliche Planung, strukturierte Dokumentation und reibungslose Kommunikation, welche im Projektmanagement so ausschlaggebend sind – und sorgten bald für einen ganzen Berg neuer Probleme für alle Projektmanager.

Denn als Projekt betrachtet funktionierte die Entwicklung neuer Software ganz anders als alles, womit Projektmanagement sich bis dato konfrontiert sah. Der Bau eines Hauses beginnt immer mit dem Fundament und endet mit dem Dach. Bei einem Computerprogramm dagegen kann an Dach und Fundament – also etwa Front- und Backend – zeitgleich gearbeitet werden. Beide Teile müssen am Ende nur perfekt zusammenpassen.

Die Werkzeuge des klassischen Projektmanagements erwiesen sich als ineffizient. Tatsächlich scheiterten noch 1994 gut ein Drittel aller IT-Projekte vorzeitig und nur gut 16 Prozent kamen ohne schwerwiegende Mängel durchs Ziel. Neue Methoden mussten her.

Seitdem unterteilt Projektmanagement sich in zwei Welten: die klassische und die agile; und tatsächlich findet agiles Projektmanagement längst nicht mehr nur in der Softwareentwicklung Anwendung. 

Die wesentlichen Unterschiede sowie einzelne Vor- und Nachteile zwischen Klassisch und Agil haben wir im Beitrag Effizientes Projektmanagement III bereits erörtert. Doch damit nicht genug: in beiden Projekt-Welten existieren eine Vielzahl von unterschiedlichen Methoden, die sich in Grundidee und Durchführung wesentlich voneinander unterscheiden.

Jede Menge Ansätze: Welche Methoden gibt es?

Alle Methoden einzeln vorzustellen, würde den Rahmen dieses Beitrages mehr als nur sprengen. An dieser Stelle beschränken wir uns daher auf einen Überblick der gängigsten Verfahren, um Ihnen so vor allem ein Gefühl für Arbeits- und Denkweise der unterschiedlichen Systeme zu vermitteln.

Methoden in der Welt des klassischen Projektmanagements

Ein hohes Maß an Standardisierung und strikte Vorgaben sind die wesentlichen Merkmale des klassischen Projektmanagements. Zu seinen etablierten Methoden zählen:

  • Die Wasserfallmethode: Der Name ist ein wenig irreführend, denn hier rauscht kein Strom einfach von oben nach unten. Treffender wäre wohl Kaskadenmethode. Denn erst wenn eine Projektphase vollständig abgeschlossen ist, wird hier mit der nächsten begonnen.
    Das sorgt zwar für eine klare Organisation, ist insgesamt allerdings gleichzeitig sehr unflexibel. Mit unvorhergesehenen Problemen kommt der Wasserfall nicht gut zurecht und eignet sich daher vor allem für vertraute Projekte und solche, bei denen die einzelnen Stadien stark abhängig von der Fertigstellung anderer sind.
  • Das Spiralmodell: Anders als bei der Wasserfallmethode werden die einzelnen Projektphasen im Spiralmodell nicht einmalig und linear, sondern wiederholt kreisförmig durchlaufen – wie ein Wasserstrudel, der sich in Spiralen auf sein Zentrum zubewegt.
    Dies macht das Spiralmodell zwar langsamer als die Wasserfallmethode, durch die zyklischen Wiederholungen und die damit verbundene regelmäßige Kontrolle aller Projektschritte allerdings wird das Risiko von Fehlern oder gar eines Scheiterns des gesamten Projektes entscheidend minimiert.
  • Das V-Modell: Das V-Modell ist eine Weiterentwicklung der Wasserfallmethode. Zwar laufen auch hier alle Phasen streng linear ab, allerdings stehen sich die Schritte der Validation und Verifikation V-förmig gegenüber.
    Einfach gesprochen bedeutet das: In den ersten Projektphasen – dem linken Arm des V – stehen Spezifikationen und Anforderungen des Projektes im Vordergrund. Der rechte Arm des V beinhaltet die Implementierungsschritte. Diese werden regelmäßig mit den zuvor definierten Zielsetzungen abgeglichen. Dadurch entsteht ein Rückkopplungseffekt. Entspricht ein Teil des Projektes nicht den zuvor definierten Ansprüchen an Funktion oder Qualität, kann nachgebessert werden. Das Risiko, am Projektziel vorbeizuarbeiten wird so minimiert. Allerdings erfordert das V-Modell gleichzeitig eine sehr frühzeitige Definition aller wesentlichen Anforderungen.

Methoden in der Welt des agilen Projektmanagements

Anpassungsfähig, kleinschrittig und iterativ – so lauten die wichtigsten Kennzeichen des agilen Projektmanagements. Seine prominentesten Vertreter sind:

  • Scrum: Die vielleicht bekannteste Methode des agilen Projektmanagements – der Name bedeutet auf Deutsch etwa ‚Gedränge‘. Warum? Weil sich bei Scrum viele kleine Teams um das Projekt drängen und es regelmäßig weiterentwickeln.
    Denn der Projektablauf bei Scrum gestaltet sich in etwa so: Jedes Team arbeitet als selbstorganisierte Einheit. Von außen vorgegeben wird ihnen nur das Ziel, welches es zu erreichen gilt. Diese Ziele wiederum sind sehr kleinschrittig definiert. Bereits nach wenigen Tagen treten die Scrum-Teams zusammen und tragen ihre einzelnen Ergebnisse zum Gesamtprojekt bei. So wächst das Projekt inkrementell, also Schritt für Schritt, und wird beständig mit den Zielvereinbarungen verglichen.
    Diese Methoden erlaubt ein hohes Maß an Flexibilität. Projekte können umstandslos an neue Bedingungen angepasst werden, seien es Veränderungen im Markt, die Verfügbarkeit von Ressourcen oder neue Wünsche des Kunden. Weiterhin werden durch das inkrementelle Vorgehen Erfolge und Fortschritte schnell sichtbar.
    Aber natürlich hat Scrum nicht nur Vorteile. Es erfordert ein hohes Maß an Kommunikation und regelmäßiger Abstimmung, sowie eine zuverlässige Gesamtkoordination. Scrum-Projekte laufen weiterhin immer Gefahr, sich im sogenannten Feautre Creep zu verlieren, also dem immer neuen Hinzufügen von noch mehr Funktionen und Anforderungen.
  • Kanban: Kanban wird manchmal auch als agiles Projektmanagement für Einsteiger bezeichnet. Denn mehr als eine Pinnwand und ein paar Post-its braucht es anfangs gar nicht. Auf den Post-its, im Fachjargon Kanban-Karten genannt, sind alle notwendigen Arbeitsschritte beziehungsweise Teilaufgaben des Projektes notiert. Diese werden dann auf einer Tafel in die Spalten ‚offen‘, ‚in Arbeit‘ und ‚erledigt‘ sortiert. So entsteht eine einfache aber effiziente Übersicht über den aktuellen Projektfortschritt und ein schon recht effizienter Workflow. 
    Dass es in der Unternehmensrealität etwas mehr braucht, als ein paar gelbe Zettel und ein Brett, versteht sich von selbst. Allein die Definition der einzelnen Projektschritte und die Organisation der Zuständigkeiten bergen reichlich Herausforderung.  Für die Organisation Ihrer familiären Hausarbeiten allerdings kann ein einfaches Kanban sich bereits als äußerst nützlich erweisen.
  • Design Thinking: Der Anglizismus lässt es vermuten: bei Design Thinking handelt es sich um eine sehr junge Methode im Bereich des agilen Projektmanagements. Tatsächlich dreht sich hier auch nur sehr wenig um klassische Projekte wie Bauvorhaben oder Unternehmensexpansionen. Vielmehr geht es um das Finden von Ideen und Lösungen. Daher steht beim Design Thinking immer eine Frage im Mittelpunkt, die sogenannte Design Challenge: „Wie könnten wir…?“.
    Der Kreativität sollen dabei so wenig Grenzen wie möglich gesetzt werden. Heterogene Teams aus Mitgliedern mit unterschiedlichsten Erfahrungen, Karrierepfaden und Positionen sammeln Ideen aufgrund ihrer Expertise, dem gemeinsamen Austausch und gemachter Beobachtungen von Markt, Nutzern oder Kunden. Diese werden anschließend zusammengetragen, erörtert und bewertet. Erst nach mehreren Durchläufen dieses kreativen Prozesses wird ein Prototyp entwickelt und getestet.
    Natürlich eignet Design Thinking sich nicht, wenn die Errichtung einer neuen Werkhalle auf Ihrer To-do-Liste steht. Aber überall, wo Innovation und Optimierung im Vordergrund stehen, können mit dieser Methode überraschend starke Ergebnisse erzielt werden.

Welche Methode die absolut Beste ist

Soweit zu unserem kleinen Überblick über die bekanntesten Methoden aus der Welt des klassischen und agilen Projektmanagements. Vielleicht fragen Sie sich jetzt, welche mein persönlicher Favorit ist, den ich Ihnen bedenkenlos ans Herz legen würde.

Die Antwort ist: gar keine. Oder alle. Oder, um es diplomatisch auszudrücken: es kommt darauf an. Denn eine Patentlösung existiert schlicht und ergreifend nicht. Jedes Unternehmen ist einzigartig, jedes Projekt ist einzigartig – und von daher ist auch die ideale Methode immer einzigartig.

Häufig liegt der optimale Weg in einem Mix aus der inzwischen fast unüberschaubar großen Landschaft der unterschiedlichen Projektmanagement-Methoden. Ein Hybrid also aus klassisch und agil, einer Kombination unterschiedlicher Strategien und Vorgehensweisen.

Wenn Sie mehr erfahren möchten, lade ich Sie gerne zu einem meiner nächsten Seminare rund um das Thema ‚Hybrides Projektmanagement‘ ein. Oder Sie wagen einen Blick in die nächsten Kapitel unserer Reihe ‚Gängige Projektmanagement-Methoden‘, in denen wir weiter ins Detail über Sinn und Unsinn einzelner Methoden sowie die erfolgreiche Implementierung unterschiedlichster Systeme gehen werden. Bis dahin freue ich mich auf unser Wiederlesen.

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